Karriere mit ungleichem Lohn

Frauen verdienen durchschnittlich in Deutschland immer noch weniger als Männer. Die Lohnlücke entsteht nicht nur durch die Unterbrechung von Erwerbsbiografien, etwa durch Gründung einer Familie. Studien zeigen, dass der Pay Gap seine Ursachen auch in dem Bild hat, das wir von der Karriere von Männern und Frauen in unseren Köpfen haben.

Die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern betrug 2019 laut Daten des Statistischen Bundesamtes 19 %. Dieser unbereinigte Gender Pay Gap fiel gegenüber dem Vorjahr um 1 %. Er setzt nicht nur die Bruttoverdienste ins Verhältnis, sondern berücksichtigt auch strukturelle Unterschiede. So gibt der Prozentsatz wieder, dass Frauen oft in Teilzeit arbeiten, in schlechter bezahlten Branchen beschäftigt sind, zu manchen Berufen geringere Zugangschancen haben und seltener Posten in Führungspositionen bekleiden. Diese strukturbedingten Unterschiede machen sogar 71 % des Wertes aus. Dagegen zeigt der bereinigte Gender Pay Gap, welchen Lohnunterschied es zwischen Männern und Frauen mit gleicher Qualifikation, Werdegang und Berufsbild gibt. Strukturelle Faktoren werden hier weitestgehend ausgeklammert. Das Statistische Bundesamt erhebt den Wert alle vier Jahre. 2018 lag er bei 6 %, genauso hoch wie 2014.

Der unbereinigte Gender Pay Gap weist innerhalb Deutschlands große Unterschiede auf. In Westdeutschland kommt er auf 20 %, in Ostdeutschland dagegen lediglich auf 7 %. Er entspricht somit dem bereinigten Wert, der für Ostdeutschland ebenfalls 7 %, für Westdeutschland 6 % beträgt. Innerhalb Europas ist Deutschland fast Schlusslicht der gendergerechten Bezahlung. Lediglich in Estland ist die Lohnlücke noch größer, während die europäischen Vorreiter in Luxemburg. Rumänien und Italien zu finden sind. EU-weit liegt der Durchschnittswert bei 15 %.

Entwicklung

Schon die Fabrikarbeiterinnen des 19. Jahrhunderts wurden deutlich schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen. Weibliche Arbeitskraft galt generell als weniger wert und musste somit auch nicht gleich entlohnt werden. Hinzu kam, dass Frauen oftmals die härteren und niedrigeren Arbeiten zugeteilt bekamen. Schon damals galt der Lohn der Frau als Zuverdienst zum Familienhaushalt. Den Hauptverdienst hatte der Mann zu erarbeiten, auch wenn sein Lohn oft nicht zum Leben reichte.

Unterbrechungen dieses Zuverdienst-Modells brachten die Weltkriege. In dieser Zeit übernahmen Frauen die Arbeiten der Männer, die in den Krieg ziehen mussten. Nach dem Zweiten Weltkrieg brauchten Ehefrauen in der BRD wieder die Erlaubnis ihrer Gatten zum Arbeiten. In der DDR dagegen wurde die Berufstätigkeit der Frau gefördert, was man heute noch im niedrigeren unbereinigten Wert des Gender Pay Gap für Ostdeutschland sieht. Geringer bezahlt als die Männer wurden Frauen jedoch in beiden Teilen Deutschlands.

Ursachen und Lösung

Studien zeigen, dass die Ursachen für die Lohnlücke vielfältig sind. Es ist erwiesen, dass die Unterbrechung der Karriere einer Frau für die Gründung einer Familie oder für die Pflege von Angehörigen zu Einkommenseinbußen führt. Der Wiedereinstieg in den Beruf nach der Elternzeit erfolgt häufig nur in Teilzeit und somit mit niedrigerem Gehalt. Leichtere Übergänge von Teilzeit in Vollzeit, politische Modelle wie das Elterngeld Plus, das auch Väter in Teilzeit fördert und eine offene Absprache der Elternteile oder pflegenden Angehörigen zu Karriere und Care-Zeiten können hier helfen, die Lohnlücke zu schließen.

Eine große Rolle spielt die historische Bewertung von Karriere noch in der heutigen Gesellschaft. So werden Frauenberufe immer noch schlechter entlohnt und für weniger wert erachtet. Trotzdem entscheiden sich viele junge Berufsanfängerinnen dafür. Eine Studie des Bonner Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit zeigt außerdem, dass Männer generell höhere Gehaltsvorstellungen haben und diese auch durchsetzen. Die unterschiedliche Bewertung der Arbeit befindet sich somit immer noch in unseren Köpfen. Die durch Gesetz eingeführte Lohntransparenz ist da nur ein erster Schritt. Aktionen wie den Equal Pay Day (2021 am 10. März), der jedes Jahr zeigt, bis zu welchem Tag im Jahr Frauen ohne Gehalt im Vergleich zu Männern arbeiten, sind wichtig, um das gesellschaftliche Bewusstsein für gleiche Bezahlung zu steigern.

Ein weiterer Faktor für den Pay Gap sind die wenigen weiblichen Führungskräfte. Ursache hierfür ist oftmals die Unterbrechung der Erwerbsbiografie, das mangelnde Zutrauen in weibliche Fähigkeiten und seltenere Beförderungen. Durch die gesetzliche Frauenquote werden weibliche Führungskräfte in die Lage versetzt, ihr Können unter Beweis zu stellen und für andere Frauen die Chance des Aufstiegs zu erhöhen.

Fazit

Der Gender Pay Gap ist in Deutschland immer noch sehr groß. Allerdings kann die Entwicklung verhalten positiv beurteilt werden. Die statistische Lücke wird langsam kleiner und es gibt weitere positive Tendenzen. So zeigen Zahlen von ZEIT Campus Online, daß Frauen mittlerweile die Hälfte aller Studierenden ausmachen und auch in typischen Männerstudiengängen, wie den MINT-Fächern, immer stärker vertreten sind. Es bedarf jedoch noch kontinuierlicher Anstrengungen, um die Wertschätzung weiblicher Arbeit in den Köpfen zu steigern und damit die gleiche Bezahlung zu erreichen.

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